Irgendwann kommt der entscheidende Zeitpunkt, dass Kinder und Jugendliche ihre eigene Lebenswelt entdecken und erkunden wollen. Hierfür bietet die Kinder- und Jugendarbeit die beste Voraussetzung. Denn wo sonst könnten junge Menschen in einem sicheren und geschützten Rahmen mehr Erfahrungen sammeln, als hier. Doch sind die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit tatsächlich für alle Kinder und Jugendliche offen und erreichbar?
Die UN-Behindertenrechtskonvention und das SGB VIII
Die Vielfältigkeit und die Unterschiedlichkeit ist das, was uns Menschen zu etwas Besonderen macht. Aber um dies in vollem Umfang erkennen und ausleben zu können, müssen dafür erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterzeichnet hat und sich somit verpflichtet, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung am politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Besonders in der Kinder- und Jugendphase sind die Teilhabemöglichkeiten von entscheidender Bedeutung für den weiteren Lebensweg. Denn hier sollen die jungen Menschen Mitbestimmung, Mitgestaltung und Selbstwirksamkeit erfahren – das zugleich ein Menschenrecht ist. Das zeigt auch der §11 SGB VIII welcher beschreibt, dass “[j]ungen Menschen[,] (…) die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen [sind]. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden”. So ist es eine gemeinsame Verantwortung, Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung diesen Zugang zu ermöglichen.
Doch wie gelingt es, Kinder- und Jugendangebote inklusiv zu gestalten?
Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG)
Durch die Gesetzesreform letzten Juni 2021 gewinnt das Thema “Inklusion” an immer mehr Aufmerksamkeit. Es schreibt nämlich vor, eine Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderung herzustellen. Die Eltern von betroffenen Kindern und Jugendlichen, welche die Voraussetzungen für eine Leistung erfüllen, sollen deutlich schneller eine verbindliche und unterstützende Beratung erhalten als zuvor. Ein wichtiger Faktor hierfür ist, dass die jeweiligen Leistungsträger von nun an enger sowie verbindlicher miteinander arbeiten müssen. Hinzu kommt, dass im Rahmen von Kindertageseinrichtungen Kinder mit und ohne Behinderung eine gemeinsame Betreuung erhalten können (vgl. BMFSFJ 2021).
Die Leichte Sprache
Die Leichte Sprache hilft Menschen dabei, wichtige Informationen in Wort und Schrift besser zu verstehen.
Doch auch diese bedarf ein paar wichtigen Regeln, die man einüben kann: Texte und Webseiten ohne Fremd- und/oder Fachwörter zu schreiben. Keine langen Sätze oder Wortabkürzungen, wie “LKW” oder “ICE”. Zudem sollten hohe Zahlen vermieden werden, die den Sprach- und Lesefluss stören, uvm. (vgl. BMAS 2014). Durch diese besondere Achtsamkeit auf unsere Sprache und die Schrift kann es uns besser gelingen, Menschen anzusprechen, die früher aufgrund von schwerer Sprache, nie erreicht werden konnten.
Die Barrierefreiheit
So wie der Text verrät, beginnen die Barrieren für das Thema “Inklusion” schon oft im Kopf. Uns sollte aber stets klar sein: Es ist unsere Aufgabe, eine gleichberechtigte Teilhabe an Projekten und Angebote für Kinder und Jugendliche mit Behinderung zu gewährleisten. So ist es auch wichtig, die eigene Haltung und fest verankerte Strukturen der Einrichtung kritisch zu reflektieren und länger bestehende Konzepte neu umzudenken. Hierzu gehört auch ganz klar die Infrastruktur – Ist der Weg zu der xy-Veranstaltung leicht zu finden? Welche Hürden befinden sich auf diesem Weg? Sind die genutzten Räume für Besucher:innen barrierefrei gestaltet? Denn “Treppen, Schwellen, hohe Stufen, schmale Türen oder auch zu hohen Schubladen stellen (…) Barrieren dar, die (…) [Menschen] in ihrem Alltag einschränken“ (vgl. Weigel/Ghebremicael o.J.). Um genau diese Barrieren zu finden, die uns im Alltag (leider) viel zu oft begegnen, lohnt es sich zusammen mit Expert:innen einen Check-Up in der Einrichtung oder in der jeweiligen Umgebung durchzuführen.
Das Thema “Inklusion” ist hier aber noch lange nicht abgeschlossen. Es bestehen viele Aus- und Weiterbildungen für Ehrenamtliche und Fachkräfte, die dieses Thema ansprechen. Eine gute Basis, um Barrieren, die schon im Kopf beginnen, abzubauen.
Quellen
https://www.dbjr.de/fileadmin/Publikationen/Inklusion_in_der_Kinder-und_Jugenarbeit.pdf
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/neues-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz-162860